Road to Nowhere – und ich gehe weiter
- Heike Panagoulias
- 23. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 24. Juli
Manchmal gibt es Songs, die man nicht auswählt.
Sie finden dich.
Road to Nowhere von Ozzy Osbourne
Gestern nahm die Welt Abschied vom „Prince of Darkness“ – von einer Rocklegende, deren Stimme durch Jahrzehnte getragen hat, deren Texte Schmerz, Wut, Verlorenheit – und manchmal leise Hoffnung – in Worte gegossen haben.
Road to Nowhere – ein Song der mich auf eine besondere Weise berührt.
Vielleicht, weil ich selbst auf einer Straße bin,
die sich manchmal genau so anfühlt:
verloren, leer, aber nicht sinnlos.
Es beginnt leise, fast tröstlich – aber es trägt eine Schwere, die ich kenne.
Es erzählt von jemandem, der zurückblickt, der sich fragt, wohin der Weg geführt hat.
Ob das, was war, wirklich gelebt wurde – oder nur passiert ist.
Ein Leben, das man rückwärts betrachtet, mit all seinen Brüchen, Verlusten, Fehlern und Momenten die man vielleicht anders gewollt hätte.
Ich bin auf dieser Straße.
Seitdem Leon gegangen ist, fühlt sich vieles wie ein Weg ins Ungewisse an.
Nicht weil ich nicht mehr lebe – sondern weil nichts mehr gleich ist.
Der Alltag funktioniert.
Ich lache.
Ich arbeite.
Ich reise.
Aber tief in mir bleibt diese Straße ohne Ziel.
Dieses ständige Fragen: Wo gehöre ich hin, seit er nicht mehr da ist?
Und wie geht man weiter, wenn ein Teil von einem für immer stehen bleibt?
Der Song gibt keine Antwort.
Und vielleicht ist genau das sein Trost.
Weil er erlaubt, dass man einfach unterwegs ist.
Ohne große Richtung. Ohne Erklärung.
Aber mit all dem, was man trägt.
Mit Schuld, mit Liebe, mit Schmerz – und mit dem Wunsch, irgendwann irgendwo wieder Sinn zu finden.
I was looking back on my life / And all the things I've done to me
Manche Lieder begleiten einen nicht nur durch einen Moment, sondern durch ein ganzes Stück Leben.
Sie halten Erinnerungen wach, die man nicht greifen kann – aber fühlen.
Und auch wenn ich manchmal glaube, verloren zu gehen, zeigt mir das Leben zwischendurch kleine Zeichen.
Ein Sonnenstrahl.
Ein Gedanke.
Ein Ton, der genau zur richtigen Zeit kommt.

Vielleicht ist der Weg nicht ins Nichts.
Vielleicht ist er einfach nur noch nicht ganz sichtbar.
Ozzy singt in diesem Song nicht über Rebellion, nicht über Dämonen, sondern über etwas viel menschlicheres: Reue, Rückblick, Einsamkeit.
Er blickt auf sein Leben zurück – und erkennt, dass viele Entscheidungen, viele Wege, viele Verluste ihn an einen Punkt gebracht haben, der leer erscheint.
Doch statt Wut oder Trotz spürt man in seiner Stimme etwas anderes:
Eine ruhige Kapitulation, fast wie ein stilles Einverständnis mit dem, was war – und ein Weitergehen, ohne genau wissen wohin.
I'm still looking for the answers / I'm still searching for the key
Es gibt kein Ankommen in diesem Lied. Kein "alles wird gut" oder "jetzt weiß ich, wer ich bin".
Stattdessen: eine ständige Suche, ein inneres Getriebensein.
Diese Zeile beschreibt genau das, was viele Menschen empfinden, wenn sie durch eine Krise, eine Trauer oder Depression gehen:
Es gibt keine Landkarte. Nur Fragen.
Und manchmal das Gefühl, dass man sich selbst längst verloren hat.
The wreckage of my past keeps haunting me /It just won't leave me alone
Vergangenheit als Trümmerfeld.
Diese Bilder sind schwer – aber treffend. Viele verdrängen, betäuben oder funktionieren einfach weiter.
Doch Ozzy beschreibt hier, wie die eigene Geschichte einen verfolgt –
selbst dann, wenn man weitergehen will. Es ist der Schmerz der bleibt.
Die Stimmen die man nicht los wird.
Das, was man sich nicht verziehen hat.
The road to nowhere leads to me
Das ist die Kernaussage.
Sie ist radikal, fast erschütternd:
Ich bin das Ziel der Straße.
Nicht das Glück.
Nicht das Ankommen.
Ich selbst.
Aber genau hier liegt eine Wahrheit verborgen:
Wenn der Weg nur zu dir selbst führt – dann kann der Sinn in im Außen liegen.
Dann wird das Sich-selbst-Erkennen zur eigentlichen Reise.
Und selbst wenn sie schmerzhaft ist, bleibt sie ehrlich.
I‘m waiting for the day to end / 'Cause I can't take no more
Hier offenbart sich tiefe Erschöpfung.
Der Wunsch, dass der Tag endet, nicht weil er langweilig ist – sondern weil er zu viel ist.
Diese Zeile spricht direkt in das Herz derjenigen, die mit Depression und/oder Trauer leben:
Nicht jeder Tag ist ein neuer Anfang.
Manche Tage müssen einfach nur überstanden werden.
Und auch das ist okay.
"Road to Nowhere" ist kein klassischer Song über Hoffnung.
Es ist ein Lied über Ehrlichkeit, Überforderung und den Versuch, weiterzumachen – ohne Ziel.
Aber vielleicht liegt auch darin die Stärke:
Dieser Song will nichts lösen.
Er will nicht heilen.
Er will nur sagen: Du bist nicht allein auf der Straße.
Er spricht für all jene, die sich unterwegs verloren haben – und trotzdem weitergehen.
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